Das Licht geht aus, der
Vorhang auf, die Spannung steigt. Doch wer auf
einen gelungenen Auftakt des diesjährigen
Halloween-Filmfestes im Kommunalen Kino in
Stuttgart hoffte, wurde enttäuscht.
Nach dem unoriginellen
Kurzfilm Gefangen von Rene Jacob folgte
gleich ein tiefer Griff ins Subkultur-Klo:
Schizofrantic von Peter Johansen ist eine
dänische Produktion aus dem Jahr 1996, die gleich
nach ihrem ersten Festival-Auftritt in Aalborg
wieder in der Versenkung verschwand. Aus gutem
Grund: Abgesehen von ein paar aufgesetzten
Möchtegern-Tabubrüchen wie Elternmord und Inzest
bietet der Streifen nichts weiter als tödliche
Langeweile und endlose Kameraeinstellungen die
Hauptsdarsteller Jan Mouritzen beim Spülen oder
Frühstücken zeigen. Die Geschichte: Ein Namenloser
versteckt seinen geisteskranken Bruder im Keller
und bringt alle um, die hinter das Geheimnis zu
kommen drohen. Dazwischen gibt es immer wieder
psychologisierende Anspielungen und einen bösen
Geist im Wolfgang-Petry-Outfit.
Aber der Donnerstag war
nicht verloren, bescherte er den Horror-Fans doch
den ersten Teil der stimmungsvollen, japanischen
Horror-Trilogie The Ring, dessen US-Remake
mit Naomi Watts (Foto/" Mulholland Drive")
demnächst in die Kinos kommt. Leider war The Ring,
wie auch die schrille
High-School-Zombie-Schlachteplatte Stacy im
japanischen Original mit Untertiteln.
Voller Höhepunkte
zeigte sich der zweite Festivals-Tag mit dem
originellen und witzigen Kurzfilm Twitch
von Daniel Giambruno, der die Idee des Streifens
Killerhand variiert: Dave (John Condon) will
eigentlich nur seine Ruhe haben. Doch durch seine
Nachbarin, die Prostituierte Jane (Jessica Napier)
wird er plötzlich in einen Mord verwickelt. Und
schlimmer noch: Nachdem er die Leiche endlich
entsorgt hat, muss der geplagte Fernsehautor
feststellen, dass ein Finger fehlt. Ein tödliches
Versäumnis...
Ebenfalls durch
Originalität zeichnete sich Lethal Force
von Alvin Ecarma aus. Der Profi-Killer Savitch
(Cash Flagg Jr.) soll von seinem alten Kumpel Jack
(Frank Prather) in eine Falle gelockt werden.
Dahinter steckt der fiese Mal Locke (Andrew
Hewitt), ein Opfer, dem Savitch nicht ganz den
Garaus gemacht hat. Der Film ist eine liebevolle
Parodie auf Eastern und Buddie-Movies mit
staubtrockener Situationskomik, herrlich komischen
Kampfszenen und beinharten Dialogen. Einfach zum
Ablachen.
Witzig und rasant
zeigte sich zu später Stunde auch Hell's
Highway von Steven Taylor, eine typische
Teenie-Slasher Komödie von einer Gruppe Studenten,
die versehentlich eine falsche Abzweigung nehmen
und dirket in die Hände hungriger Kannibalen
fallen.
Der Samstag stand ganz
im Zeichen von Stargast Mike Mendez. Nach dem
Kurzfilmwettbewerb zeigte das Halloween-Filmfest
den Director's Cut seines Erstlingswerks
Killers , der bei den Fans sicher einen
Aha-Effekt ausgelöst haben dürfte. Der Film ist
ein weiterer Beweis dafür, dass die Zensur ohne
Rücksicht auf Sinn und Zusammenhänge arbeitet.
Erst die vollständige Version eröffnet dem
Zuschauer die Ungereimtheiten der in Deutschland
geschnittenen und ein Finale, das in seiner
Bösartigkeit seinesgleichen sucht. Kein Wunder,
dass Mike Mendez sagt, dass dieser Film nicht mehr
seiner sei. Aber ein Trost für die Fans: Noch in
diesem Jahr soll die ungeschnittene DVD
herauskommen.
Weiter gab es den
Knetgummi-Trickfilm Goldie Lox an the three
bears in typischer Mendez-Manier und den
Trailer Jesus Christ Ninja Star , ebenfalls
urkomisch. Wie der Tim Burton Film Sleepy
Hollow geworden wäre, wenn Mendez ihn gemacht
hätte, zeigte ein von ihm produzierter weiterer
Trailer.
Dass der Horror-Freak
aus Kalifornien auch anders kann, zeigte seine
Dokumentation Masters of Horror , in der
Kult-Regisseure wie Wes Craven, George A. Romero
oder John Carpenter zu Wort kamen und über ihre
Filme und Horror im Allgemeinen sprachen.
Informativ, witzig und schnell.
Wer den letzten Teil
der The Ring-Trilogie und den Eastern
Graveyard of Honor zu später Stunde
genießen wollte, musste sich erst durch die
unsägliche deutsche Produktion finalcut.com
quälen. Die gute Grundidee von einem
Dokumantarfilmerpärchen, dass den Selbstmord von
Leuten für das Internet filmt wurde von einer
nicht vorhandenen Dramaturgie und ewig langen
Szenen durch den Fleischwolf gedreht. Schade.
Doch trotz der
gelegentlichen Durchhänger war das
Halloween-Filmfest ein gelungener Querschnitt
durch die Welt jener Filme, die nicht das Licht
der großen Leinwand erblicken werden. Also schon
mal aufs nächste Jahr freuen.
Homepage von "Twitch"
Homepage von "Lethal Force"
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Filmfest
11.11.2002 |